Tief in den Sümpfen der Traurigkeit liegt im Nebel verhüllt der Hornberg. In Wirklichkeit ist er Teil des ältesten Geschöpfes Phantásiens: der uralten Morla, einer gigantischen Schildkröte, die seit jeher in den Sümpfen liegt und deren Weisheit vielleicht nur von derjenigen der Kindlichen Kaiserin noch übertroffen wird. Morla ist eine einsame Denkerin, deren Gedanken über Jahrtausende gereift sind, und ihrem Wissen sind keine Grenzen gesetzt. Leider macht jahrelanges Denken in Einsamkeit auch etwas wunderlich. Morla spricht deshalb im Plural von sich selbst, hat sozusagen eine schizophrene Einsamkeitslösung für sich gefunden: Sie selbst wurde über die Jahre hinweg zu ihrem einzigen Gesprächspartner. Sie ist es auch, die Atréju entscheidend bei seiner Großen Suche hilft.
Bedingt durch Morlas ungeheuere Größe gehört sie zu den Wesen Phantásiens, die immer an der gleichen Stelle bleiben, und selbst wenn sie sich langsam bewegen würde, würde der gigantische Hornberg viele Millionen Jahre brauchen, um wenigstens einen kleinen Teil des grenzenlosen Reiches zu erkunden. Wo kommen also Morlas Weisheit und ihre Kenntnisse über Phantásien dann her? Hierzu gibt es zwei Theorien, die jedoch beide keinesfalls bewiesen sind. Die erste besagt, dass Morla ihre Weisheit von tausend Geschichten erlangt hat, die Phantásienreisende ihr in der Vergangenheit erzählt haben und diese in ihrem Hornberg speichert – wie Stroh in einer Scheune -  und sie immer, wenn sie ihren großen Kopf in ihren Panzer zurückzieht, von neuem durchlebt. 
Eine andere Theorie besagt, Morla könne sich in der Dunkelheit ihres Panzers „gedanklich fortbewegen“. Ihr massiger Körper bleibt an der gleichen Stelle, aber ihr Bewusstsein geht auf Reise quer durch Phantasien – leicht wie ein Vogel. Zur Unterstützung dieser zweiten Theorie kann man die Tatsache aufweisen, dass Morla sich nur sehr ungern von jemandem aus ihrem Hornberg herausrufen lässt. Die meisten Artenforscher Phantásiens gehen davon aus, dass Morla weder an Fortpflanzung noch an herkömmlicher Nahrungsaufnahme im Entferntesten interessiert ist. Mit solchen Banalitäten gibt sich ein so altes weises Wesen überhaupt nicht ab. Wahrscheinlich ernährt sie sich entweder von den guten Geschichten, die sie in ihrem Leben gehört hat, oder von den „gedanklichen Reisen“.

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Die uralte Morla
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