Die Trennung der Eltern

 
Lotte Schlegel, 1956
Gemeinsame Fotos sind selten. Edgar Ende mit seinem Sohn Michael bei der Betrachtung eines Gemäldes

Die Zeit, in der Edgar Ende in Vergessenheit geraten ist, scheint vorüber zu sein: 1949 wurde er in die Ausstellungsleitung der Großen Münchner Kunstausstellung im Haus der Kunst berufen. In der Folgezeit wird er dreimal deren Präsident ernannt, was sich eher als ein Hindernis für seine schöpferische Arbeit herausstellt. Ein Jahr später gehört er zu den Mitbegründern des Deutschen Künstlerbundes. Die Hoffnungen der Familie, dies könne vielleicht einen Durchbruch für Edgar Ende zur Folge haben, werden auch dieses Mal wieder enttäuscht: Die abstrakte Kunst wird modern, die Gemälde von Edgar Ende finden wieder einmal nur schwer ihre Käufer.
Die Diskussionen zwischen Vater und Sohn werden kontroverser und heftiger geführt. Michael Ende setzt nun dem Vater eigene Ideen entgegen. Insbesondere in seinen Ansichten über Kunst entwickelt er konträre Vorstellungen, was für Edgar Ende nur schwer erträglich ist. Dieser behauptet später, dass hierin ein Grund liege, warum er die Familie verlassen habe. Er könnte es nicht mehr aushalten. Dieser Vorwurf trifft Michael Ende sehr.

Man schreibt das Jahr 1953, als das eintritt, wovor Michael Ende eigentlich schon seit seiner Kindheit richtig Angst hatte, wogegen er sich immer wieder mit allen seinen Kräften gewehrt hat: Edgar Ende trennt sich von seiner Familie und zieht in die Schellingstraße 26 zu seiner neuen Lebensgefährtin Lotte Schlegel, eine seiner Studentinnen aus der Münchner Malschule. Die Ehekrise seiner Eltern war auch Michael Ende nicht verborgen geblieben. Vergeblich hatte er gehofft, dass die Eltern noch einmal zueinander finden. Doch all seine Bemühungen können diesmal die endgültige Trennung nicht verhindern, unter der er sehr leidet. Zudem ist er nun allein für den Lebensunterhalt für sich und seine Mutter verantwortlich.
Michael Ende bemüht sich sehr, seine Mutter zu trösten. Die Trennung von ihrem Mann wirft sie erst einmal vollständig aus der Bahn: Dass der Mann nach dem Krieg, als es der Familie materiell endlich ein wenig besser geht, mit einer jüngeren Frau das Haus verlässt, verkraftet sie nicht. In ihrer Verzweiflung unternimmt sie mehrmals den Versuch, sich mit einer Überdosis Schlaftabletten das Leben zu nehmen.