Das unendliche Filmdebakel

Nach vier Jahren Verhandlungen, Verwicklungen, Streitereien und unendlich viel Ärger ist der Film Die unendliche Geschichte 1984 fertig gestellt. Regie führte Wolfgang Petersen, der durch den Film Das Boot internationale Beachtung fand. Die Musik schrieb Klaus Doldinger. 60 Millionen Dollar etwa hat der Film gekostet - eine bislang für deutsche Filmproduktionen unvorstellbare Summe.
Michael Ende wird vor der Premiere am 29. März 1984 von Bernd Eichinger zu einer privaten Vorführung der so genannten Nullkopie eingeladen. Er ist erschrocken über die banalisierende Qualität des Films. Sein verheerendes Verdikt: "Ein gigantisches Melodram aus Kitsch, Kommerz, Plüsch und Plastik" und "eine Mischung aus E.T. und The Day After" Er fühlt sich von den Filmleuten ausgetrickst und beschließt, seinen Namen zurückzuziehen. Auf der Presseverlautbarung gibt er bekannt, daß er mit dem Film nichts zu tun haben möchte, und verlangt, zumindest die Filmsequenzen herauszuschneiden, die der inneren Logik der Geschichte widersprechen.

Trotz all seiner Einwände läuft der Film am 6. April mit einer enormen Pressekampagne in 300 deutschen Kinosälen gleichzeitig an. Mit nicht weniger als 1.000 Kopien zugleich soll es im Herbst in den USA anlaufen. Michael Ende und der K.Thienemanns Verlag reichen eine Klage gegen die Neue Constantin ein, doch sie verlieren den Prozess, die entsprechenden Filmszenen müssen nicht entfernt werden. Michael Endes Kampf gegen den Filmkommerz kostet ihn Kraft und Nerven. Durch die in seinen Augen an rein kommerziellen Gesichtspunkten orientierte Verfilmung sieht er sein Selbstverständnis als Schriftsteller, Künstler und Kulturmensch in Frage gestellt. Sein Kampf gegen den Film ist letztlich ein Kampf für seine "Ehre". "Ich würde mich selbst nicht mehr im Spiegel erkennen, würde ich für so etwas meinen Namen hergeben. Ich habe Kämpfe hinter mir bis zur totalen Erschöpfung. Man hat mit ganz üblen Austricksmethoden versucht, mich aufs Kreuz zu legen. Ich habe einen Riesenskandal gemacht. Aber das half nichts."

Als seine Empörung und sein Zorn über die Verfilmung Jahre später verraucht sind, sieht er - wenn auch immer noch enttäuscht - das Ganze aus größerer Distanz: Dass er den Prozess verloren hat, so argumentiert er etwas zynisch, erscheint ihm nachträglich nur logisch. "Urteilsbegründung des Gerichts: Es sei zwar richtig, dass es sich um eine grobe Entstellung meines Buches handle, doch da der Film sich vorwiegend an ein jugendliches Publikum wende, spiele das keine Rolle. Die Wahrheit war natürlich, dass auf der einen Seite ein Betriebskapital von über 60 Millionen Dollar auf dem Spiel stand, auf der anderen die Meinung eines einzelnen, größenwahnsinnig gewordenen Autors (denn nach allgemeiner Meinung ist ja das Höchste, was ein Schriftsteller sich erträumen kann, eine Verfilmung seines Buches, und er sollte sich entsprechend dankbar erweisen). Dieser verlorene Prozess hat mich mehr gekostet, als ich überhaupt für die Verfilmungsrechte bekommen hatte. Damals habe ich mir die Sache sehr zu Herzen genommen, inzwischen ist sie mir gleichgültig. Den dritten, bisher letzten Teil, der vor kurzem, wie ich hörte, in die Kinos gekommen ist, habe ich mir nicht einmal angesehen."