Unterwegs auf Lesereisen

In den nächsten Jahren erhält Michael Ende über 1000 Einladungen zu Lesereisen, denen er unmöglich allen folgen kann. Er ist kreuz und quer durch Deutschland unterwegs, in der Regel jeweils drei bis sechs Wochen. Er liest in Theatern, Stadtsälen und Universitätsaulen. Im Allgemeinen finden zwei Lesungen pro Tag in zwei verschiedenen Städten statt. Von Jahr zu Jahr interessieren sich mehr Menschen für seine Bücher. In vielen Fällen finden trotz der großen Räumlichkeiten, die die Veranstalter für seine Lesungen bereitstellen, nicht alle Menschen Einlass.

Der Erfolg belastet Michael Ende mehr, als dass er ihm Freude macht. Wenige Jahre später äußert er sich in einem Interview über seine Schwierigkeiten, die er vor allem mit der an seine Lesung anschließenden Fragestunde hatte: "Mir persönlich liegt sowieso nicht so furchtbar viel an diesen so genannten Diskussionen, aber die Zuhörer wollen sie halt gerne. Für den Autor ist es eher ein bisschen ermüdend, vor allem, wenn man auf längeren Vorlesereisen ist. Das ist nicht Schuld der Leute, für die ist es ja immer das erste Mal, aber für den Autor ist es nach drei Wochen nervtötend, wenn er immerfort dieselben Fragen gestellt bekommt, immerfort dieselben Antworten geben muss. Schließlich fallen einem die vorgefertigten Antworten schon aus dem Mund. Und das tut einem selber nicht gut. Ich stelle jedes Mal fest, dass das eine Art demoralisierender Wirkung auf mich ausübt. Deswegen mache ich auch immer seltener Vorlesereisen. Nach einer solchen Tour bin ich regelmäßig physisch, aber vor allem geistig so erschöpft, dass ich erst einmal zwei Monate brauche, bis ich überhaupt wieder meinen eigenen Text hören kann, er wird einem so furchtbar überdrüssig."
Ein Phänomen ist in jenen Jahren Verlagen und Buchhändlern gleichermaßen ein Dorn im Auge: Die Romane von Michael Ende wie auch die Werke anderer Autoren werden im großen Stil illegal als Raubdrucke verkauft. Erst durch eine neue Gesetzgebung kann dies eingedämmt werden.