Rettung wie aus dem Himmel
1960 erscheint der erste Band Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer und erhält, für Michael Ende völlig überraschend, den Deutschen Jugendbuchpreis.
Eines Morgens erlebt Michael Ende etwas, was er einen richtig dramaturgischen Knalleffekt nennt. Erst eröffnet ihm seine Vermieterin, dass sie gegen ihn eine Mietaufhebungsklage einreichen werde, weil er seit sieben Monaten die Miete nicht mehr bezahlt habe. Dann klingelt das Telefon, und Michael Ende erfährt zu seinem größten Erstaunen, dass sein Buch Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer den Deutschen Jugendbuchpreis bekommen habe. "Ich hatte, ehrlich gesagt, noch nicht einmal eine Ahnung, dass solche Preise überhaupt existieren, und fragte nur: 'Was kriege ich denn?', und die Stimme antwortete: 'Ja, wissen Sie, die Dotierung ist nicht so hoch, es sind nur 5000 Mark.' [...] So viel Geld hatte ich mein ganzes Leben lang noch nicht gesehen. Ergänzend fügte die Stimme hinzu: 'Sie werden sehen, die indirekte Werbung dieses Preises ist sehr groß, weil Ihr Buch in allen Buchhandlungen ins Schaufenster gestellt wird.'" Und tatsächlich verändert sich schlagartig seine wirtschaftliche Situation - und sein Leben: Nach der Preisverleihung ist Michael Ende zum ersten Mal sechs Wochen lang unterwegs auf Lesereise.
Gemeinsam mit seiner Mutter beschließt Michael Ende, eine neue Wohnung zu suchen. Er findet sie in der Siegfried-, Ecke Herzogstraße und zieht mit ihr dorthin. Im selben Jahr kommt er mit dem Jim Knopf auf die Ehrenliste des Hans-Christian-Andersen-Preises und erhält den Literaturpreis der Stadt Berlin für die Junge Generation.
Der zweite Band, Jim Knopf und die Wilde Dreizehn, wird 1962 veröffentlicht. Funk und Fernsehen bringen Serien nach den beiden Büchern. Berühmt wird die Aufführung der Augsburger Puppenkiste, deren Aufzeichnung vom Hessischen Rundfunk produziert wird. Die Verkaufszahlen steigen so sprunghaft, dass der Verlag kaum mit Neuauflagen nachkommt. Übersetzungen in viele Sprachen folgen.
Durch den Erfolg finanziell nun unabhängig ge-worden, beendet Michael Ende seine Tätigkeit beim Rundfunk und widmet sich ganz seinem ursprüng-lichen Plan, für das Theater zu schreiben. So beginnt er in dieser Zeit die Arbeit an dem Stück Die Spielverderber.
Ein weiterer Umzug folgt. Michael Ende und seine Mutter ziehen nun aus der zu lauten Wohnung in der Siegfriedstraße in die Ainmillerstraße 15.
1963 wird Edgar Ende Ehrenmitglied der Akademie der Bildenden Künste in München. Im gleichen Jahr zieht er mit seiner Lebensgefährtin Lotte Schlegel nach Netterndorf, ca. 30 Kilometer westlich von München entfernt, in ein Haus, das früher einmal die Volksschule des Dorfes war.